In den vergangenen 30 Jahren, seit der letzten Generalsanierung der Volksschule Straden, hat sich im Schulbau und in der Pädagogik viel getan: Heute werden Schulen in sogenannten „Clustern“ organisiert, zu denen mehrere Klassenräume zusammengefasst und durch zusätzliche Gruppenräume und offene Lernzonen ergänzt werden. Für diese flexible, verschränkte Raumnutzung benötigt man anstelle abgetrennter Klassenzimmer eine offene Struktur mit Transparenz und Sichtbeziehungen zwischen den verschiedenen Bereichen. Dazu kommen noch wichtige Themen wie Nachmittagsbetreuung oder Barrierefreiheit, die im heutigen Schulbau ebenfalls berücksichtigt werden müssen. Für unsere Planung galt es nun also, die bestehende Schule an all diese neuen Rahmenbedingungen anzupassen, noch ergänzt durch die Anpassung an heutige haustechnische, brandschutztechnische und akustische Standards. Eine besondere Herausforderung war die Umsetzung des seitens des Landes Steiermark und der Bildungsdirektion vorgegebenen Raumprogramms: eine relativ einfache Aufgabe bei einem Neubau, jedoch eine interessante und schwierige „Tüftlerei“ bei einem Bestandsgebäude, bei dem durch die Symbiose von Alt und Neu sehr individuelle Lösungen mit besonderem Charme und einer einzigartigen Atmosphäre entstehen, die ein Neubau oft nicht bieten kann.
Schnell wurde auch klar, dass sich das geforderte Raumprogramm im Bestand nicht unterbringen lässt und wir über Möglichkeiten hinsichtlich Erweiterungen nachdenken müssen. Die dafür zur Verfügung stehenden Flächen waren aufgrund der örtlichen Situation begrenzt. So blieb uns nur die Aufstockung des bereits bestehenden eingeschossigen Zubaus an der Südseite (durch einen Mehrzweckraum im Erdgeschoss und eine Freiluftklasse mit atemberaubender Aussicht im ersten Obergeschoss), ein weiterer Zubau erfolgte im Bereich des Windfangs im Untergeschoss: hier wurde der neue Personenaufzug, der die barrierefreie Erschließung aller Geschosse ermöglicht, gemeinsam mit einem neuen, ebenfalls barrierefreien Windfang, der als Zugang zur SchülerInnen-Garderobe dient, situiert.
Unser ganz besonderes Augenmerk galt der äußeren Gestaltung dieser neuen Zubauten, sollten sie sich doch in die Umgebung und das Stradener Ortsbild einfügen. Deshalb fiel – zugleich auch aus statischen und terminlichen Gründen - die Entscheidung auf eine Holztragkonstruktion, auch in Anlehnung an das Motiv der Veranden alter Häuser. Die äußere Verkleidung dieser Zubauten erfolgte dann, auf den ersten Blick nicht gleich erkennbar, aus robustem und langlebigem Titanzink. Im Bestandsgebäude selbst wurden – auch aus Gründen der Wirtschaftlichkeit - die bestehenden Strukturen so weit wie möglich erhalten. In den vorhandenen Räumen schaffen nun neue Öffnungen zwischen Klassenräumen, Lernzonen und Gruppenräumen eine neue Transparenz und Offenheit. Die Fußbodenniveaus, die beim Bestand auf sehr unterschiedlichen Höhen lagen, wurden weitestgehend so angepasst, dass eine künftige barrierefreie Nutzung möglich ist.
Ein besonders wichtiges Anliegen war uns die Innenraum- und Farbgestaltung der neuen Schule. Bildungsräume sind mehr als nur Schulräume. Sie sind neben Orten des Wissenserwerbs auch Lebensräume, in denen soziales Miteinander, Austausch und vor allem Wohlfühlen wichtig sind. Einen wesentlichen Beitrag dazu liefern Farbgestaltung, Materialität und Lichtführung. So haben wir anstelle der üblichen Standardbeleuchtung in den Gängen und Lernzonen Kugelleuchten mit unterschiedlichem Durchmesser verwendet, die eine behagliche Wohnzimmeratmosphäre schaffen, in den Unterrichts- und Verwaltungsräumen wurden die Deckenleuchten sternförmig angeordnet.
Zudem haben wir uns bewusst für die Einführung eines färbigen „Horizonts“ in den Räumen der SchülerInnen entschieden, der sich dem Maßstab der Kinder anpasst und die Raumhöhe des Altbaus gliedert. Diesen „Horizont“ übernehmen zugleich auch die Möbel und Vorhänge in den Räumen.
Wichtig war uns auch die - bei Volksschulen keineswegs übliche - Verwendung gedeckter Farben für Wände, Decken, Boden und Möbel. Ein stimmiges Konzept, dass sich auch an der Außenfassade fortsetzt: hier wurde die ursprünglich sehr gelbe Fassadenfarbe durch einen sanfteren Farbton ersetzt, der sich so perfekt in das Stradener Ortsbild einfügt, dass die Änderung vielen erst auf den zweiten Blick auffällt.
Die Umsetzung eines solchen Projekts ist immer eine Teamarbeit, viele Beteiligte haben dazu einen wertvollen Beitrag geleistet. Ich möchte mich sehr herzlich bei Herrn Bgm. DI Anton Edler und seinem Team, Frau Volksschuldirektorin Dipl. Päd. Veronika Weinhandl und ihrem Team, Frau MMag. Eva Stuhlpfarrer, der Leiterin der Bildungsdirektion, Frau Oberamtsrätin Ing. Ingrid Moder / Abteilung 17 des Landes Steiermark, dem Ortsbildsachverständigen Herrn DI Bernhard Gilli, der Projektsteuerung und örtlichen Bauaufsicht, den Fachplanern sowie den ausführenden Firmen und nicht zuletzt unseren am Projekt beteiligten Mitarbeitern für die konstruktive Zusammenarbeit und ihren Einsatz bedanken!
Arch. DI Irene Kristiner
Gangoly & Kristiner Architekten
Geschichte des Schulstandortes Straden 7
Jubiläumsjahr „250 Jahre Allgemeine Schulordnung“
Der bisher im Pfarrhof untergebrachte Schulmeister übersiedelte im Jahr 1628 an den heutigen Standort der Volksschule in Straden Nr. 7. In unmittelbarer Nähe wurde 1644 mit dem Bau der Florianikirche begonnen. Nach mehrmaligen Umbauten und Sanierungen wurde laut den Quellen das Schulhaus im Jahr 1765 „von Grund auf neu erbaut“ und rainte 1770 „rechts“ an den Kirchweg, „links“ an einen Weingarten (Parz. Nr. 5), „oben“ an den Besitzer Andre Brand (Parz. Nr. 9) und „unten“ an den Florianifriedhof. 1788 werden an Schulräumlichkeiten das Schulzimmer und ein Nebenzimmer erwähnt. Für den Schulmeister standen Vorhaus, Selchküche, Kinder-Stübel, Sommer-Zimmer, Dachboden, Saal, ein großes und ein kleines Zimmer zur Verfügung. Heute betritt man über den neuen barrierefreien Zugang den ältesten Teil des Gebäudes. Die Schulmeister waren lange Zeit auch Mesner und Organisten ihrer Pfarre. Der Grabstein der Familie Ganster, die über drei Generationen (Johann Michael 1735-1771, Franz Anton 1771-1788 und Franz Xaver 1788-1806) diesen Dienst ausübte, hat sich bis heute an der nördlichen Außenwand der Hauptpfarrkirche von Straden erhalten.
Die Pfarrschule Straden wurde 1783 von 38 Kindern besucht, es genügten ein Lehrer und ein Schulzimmer. Mit der Einführung der Schulpflicht unter Kaiserin Maria Theresia im Jahr 1774 stieg die Anzahl der schulbesuchenden Kinder langsam oder stetig zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf über 200. 1812 wird in einem pfarrlichen Inventar das unter der Pfarrkirche befindliche gemauerte und mit Ziegeln gedeckte Schulhaus mit 1. Stock, gemauerte Hausviehstallung mit Ziegeln gedeckt, nebst einem Schweinestall mit Laden gedeckt, genannt. Die Schulgesetzgebung von Kaiserin Maria Theresia sah in den Landeshauptstädten auch die Einrichtung einer Normalschule zur Ausbildung des Lehrpersonals vor. Alle bediensteten Lehrer mussten eine Prüfung über die neuen Lehrmethoden ablegen. Auch Theologiestudenten wurden zur pädagogischen Unterweisung zum Besuch der Normalschulen verpflichtet. Der Stradener Kaplan Jacob Xaver Knabl scheint aufgrund seines Talentes auch die angebotenen Zeichenkurse besucht zu haben.
Nach und nach wurden alle Gemeinden der Pfarre Straden eingeschult. Schülerzahlen über 500 ließen das bestehende Schulhaus mit zwei Lehrzimmern sehr bald zu klein werden. Im Jahr 1843 wurde der Zubau von zwei Lehrzimmern ausgeführt. Dabei dürfte der bis heute bestehende „Geheimgang“ errichtet worden sein. 1864 wurde für das fünfte Lehrzimmer das Haus Straden Nr. 9 angekauft. Neben dem Schulmeister (Oberlehrer) waren nun drei „Schulgehilfen“ (Unterlehrer) tätig. Mit dem Reichsvolksschulgesetz 1869 wurde das Schulwesen eine staatliche Angelegenheit. Die Regelung der Besitzverhältnisse zwischen Kirche und dem nunmehr verantwortlichen Ortsschulrat zog sich mitunter über Jahre. In Straden bestand zum einen das Schulhaus aus 1765 mit zwei Lehrzimmern und fünf Zimmern als Wohnungen für Lehrer, Organist und Mesner – Funktionen, die bis 1869 in Personalunion ausgeübt wurden. Dazu kam der Zubau von 1843 auf dem an das alte Schulhaus angrenzenden Garten, der früher zur Florianikirche gehörte, mit zwei Schulzimmern, eines ebenerdig, eines im 1. Stock. Auf Kompromissweg wurde das Schulhaus Straden 7 zur Gänze für Schulzwecke der Schulgemeinde übertragen, das 1864 erworbene Haus Straden 9 (heute Tretʹn vull) ab 1877 von der Pfarre für Wohnzwecke zur Unterbringung von Mesner und Organisten verwendet.
Im Jahr 1870 wurde in Radkersburg eine Bürgerschule gegründet, mit dem Zweck im Anschluss an vier Volksschulklassen „notwendige allgemeine und besondere Vorbildung denjenigen zu gewähren, welche unmittelbar nach vollendetem Besuch dieser Schule ein Gewerbe praktisch erlernen oder sich der Landwirtschaft oder dem Kaufmannsstand widmen wollen“. Die Schule wurde von Kindern der Stradener Familien Friedl, Weidlich und Bund besucht. Zu der seit dem 16. Jahrhundert bestehenden Pfarrschule kam 1887 die Privatmädchenvolksschule der Schulschwestern in Straden Nr. 4 samt adaptierten Wirtschaftsgebäude (heute Kulturhaus), die durch eine Privatstiftung eingerichtet werden konnte. 51 Jahre – von 1887 bis 1938 – bot sie Mädchen die Möglichkeit außerhalb der Landwirtschaft in Krankenpflege und Schuldienst tätig zu werden. In den Jahren 1911-1913 wurde an der nunmehrigen Knabenvolksschule der Eingang verlegt, der erste Stock teilweise erneuert, wobei die Arkaden überbaut wurden und das Haus mit einem neuen Dachstuhl versehen. Zwischen dem Schulhaus und dem benachbarten Haus Straden Nr. 8 entstand ein Schulgarten.
Mehrmals diente das Schulhaus schulfremden Zwecke. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges diente das Konferenzzimmer der Volksschule Straden vorübergehend als Sitzungsraum für die Bezirkshauptmannschaft Radkersburg, zu Kriegsende 1945 auch als Lazarett. Anstelle der Klosterschule wurde 1948 im Haus Straden 4 (heute Teil des Boutique-Hotels) unter der Leitung der gebürtigen Stradenerin, Frau OSR Anna Siegl, eine Mädchenvolksschule und eine Hauswirtschaftliche Fortbildungsschule („Kochschule“) eingerichtet. 1949 wurde in einem Zubau der Knabenvolksschule in Richtung Florianikirche in drei Stockwerken (Gartengeschoss, Erdgeschoss und 1. Stock) die neu gegründete Hauptschule untergebracht. Die Räumlichkeiten wurden auch von der Bäuerlichen Fortbildungsschule (Berufsschule) genutzt. 1963 wurde die Schulleiterwohnung renoviert. Diese wurde zuletzt von Direktor Anton Rigacs (1963-1988) mit Familie bewohnt. Lehrkräfte waren in verschiedenen Stradener Häusern eingemietet. Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war von geburtenstarken Jahrgängen, Schulraumnot und Lehrkräftemangel geprägt. Es gelang aber zu Turnzwecken von der Familie Puchleitner ein an die Schule grenzendes Weingartengrundstück zu erwerben.
Es wurde 1965 in die zwei bis heute bestehenden Terrassen umgestaltet. Der steigende Raumbedarf und der desolate Zustand des Mädchenvolksschulgebäudes machten einen Schulneubau in Unterstraden notwendig. 1968 übersiedelte die Hauptschule in einen Trakt des als Volksschule errichteten Neubaus. Wenig später folgte die Mädchenvolksschule. Nach der Schließung der Fortbildungsschulen 1967 und Übersiedlung der Hauptschule 1968 fanden im Volksschulgebäude Straden Nr. 7 Renovierungs- und Adaptierungsarbeiten statt – unter anderem wurden die bis dahin üblichen Kohleöfen durch eine Elektroheizung ersetzt. Im Jahr 1971 wurden die Sonderschulklassen wieder eingeführt, im Jahr darauf die Volksschuloberstufe aufgelassen, da nun alle Kinder nach der vierten Schulstufe die Hauptschule besuchen müssen. Seit 1974 werden die beiden Stradener Volksschulen koedukativ geführt: aus der Knabenvolksschule wurde die Volksschule I, aus der Mädchenvolksschule die Volksschule II.
Rückläufige Schülerzahlen führten 1988 zur Zusammenlegung der beiden Stradener Volksschulen im Schulgebäude Straden Nr. 7, das in den Jahren 1993 bis 1995 generalsaniert und um einen Mehrzweckraum im Untergeschoß erweitert wurde. Eine große Herausforderung bildete die jüngst abgeschlossene Sanierung. Mit dem Zu- und Umbau im Jahr 2024 konnte im Jubiläumsjahr „250 Jahre Allgemeine Schulordnung“ das Volksschulgebäude aber nicht nur auf den neuesten pädagogischen und technischen Stand gebracht werden. Es ist und bleibt trotz Wandel im Ensemble unverzichtbarer Bestandteil des Ortsbildes – und aufgrund seiner Lage eine wahre „Hochschule am primären Bildungsweg“.
Amtsleiterin Dr. Christa Schillinger
Marktgemeinde Straden